Wolfgang Borchert
(1921-1947)
Dann gibt es nur eins!
Du. Mann an der Maschine
und Mann in der Werkstatt.
Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst keine
Wasserrohre und keine Kochtöpfe mehr machen - sondern Stahlhelme und
Maschinengewehre. dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Mädchen hinterm Ladentisch und Mädchen im Büro.
Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst
Granaten füllen und Zielfernrohre für Scharfschützengewehre montieren,
dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Besitzer der Fabrik.
Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst
statt Puder und Kakao Schießpulver verkaufen,
dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Forscher im Laboratorium.
Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst einen
neuen Tod erfinden gegen das alte Leben, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Dichter in deiner Stube.
Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst keine
Liebeslieder, du sollst Haßlieder singen, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Arzt am Krankenbett.
Wenn sie dir morgen befehlen, du
sollst die Männer kriegstauglich schreiben,
dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Pfarrer auf der Kanzel.
Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst den
Mord segnen und den Krieg heilig sprechen, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Kapitän auf dem Dampfer.
Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst keinen
Weizen mehr fahren - sondern Kanonen und Panzer, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Pilot auf dem Flugfeld.
Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst Bomben
und Phosphor über die Städte tragen, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Schneider auf deinem Brett.
Wenn sie dir morgen befehlen,
du sollst Uniformen zuschneiden, dann gibt es
nur eins:
Sag NEIN!
Du. Richter im Talar.
Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst zum
Kriegsgericht gehen, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Mann auf dem Bahnhof.
Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst das
Signal zur Abfahrt geben für den Munitionszug und für den
Truppentransport, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Mann auf dem Dorf und Mann in der Stadt.
Wenn sie morgen kommen und dir den
Gestellungsbefehl bringen, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Mutter in der Normandie und Mutter in der Ukraine, du,
Mutter in Frisko und London, du, am Hoangho und am Mississippi, du,
Mutter in Neapel und Hamburg und Kairo und Oslo - Mütter in allen
Erdteilen, Mütter in der Welt,
wenn sie morgen befehlen, ihr sollt Kinder
gebären, Krankenschwestern für Kriegslazarette und neue Soldaten für
neue Schlachten,
Mütter in der Welt, dann gibt es nur eins:
Sagt NEIN! Mütter, sagt NEIN!
Denn wenn ihr nicht NEIN sagt, wenn IHR nicht
nein sagt, Mütter, dann:
dann:
In den lärmenden dampfdunstigen Hafenstädten
werden die großen Schiffe stöhnend verstummen und wie titanische
Mammutkadaver wasserleichig träge gegen die toten vereinsamten Kaimauern
schwanken, algen-, tang- und muschelüberwest den früher so schimmernden
dröhnenden Leib, friedhöflich fischfaulig duftend, mürbe, siech,
gestorben -
die Straßenbahnen werden wie sinnlose
glanzlose glasäugige Käfige blöde verbeult und abgeblättert neben den
verwirrten Stahlskeletten der Drähte und Gleise liegen,
hinter morschen dachdurchlöcherten Schuppen,
in verlorenen kraterzerrissenen Straßen -
eine schlammgraue dickbreiige bleierne Stille
wird sich heranwälzen, gefräßig, wachsend, wird anwachsen in den Schulen
und Universitäten und Schauspielhäusern, auf Sport- und
Kinderspielplätzen, grausig und gierig, unaufhaltsam -
der sonnige saftige Wein wird an den
verfallenen Hängen verfaulen, der Reis wird in der verdorrten Erde
vertrocknen, die Kartoffel wird auf den brachliegenden Äckern erfrieren
und die Kühe werden ihre totsteifen Beine wie umgekippte Melkschemel in
den Himmel strecken -
in den Instituten werden die genialen
Erfindungen der großen Ärzte sauer werden, verrotten, pilzig
verschimmeln -
in den Küchen, Kammern und Kellern, in den
Kühlhäusern und Speichern werden die letzten Säcke Mehl, die letzten
Gläser Erdbeeren, Kürbis und Kirschsaft verkommen -
das Brot unter den umgestürzten Tischen und
auf zersplitterten Tellern wird grün werden und die ausgelaufene Butter
wird stinken wie Schmierseife,
das Korn auf den Feldern wird neben
verrosteten Pflügen hingesunken sein wie ein erschlagenes Heer und die
qualmenden Ziegelschornsteine, die Essen und die Schlote der stampfenden
Fabriken werden, vom ewigen Gras zugedeckt, zerbröckeln — zerbröckeln —
zerbröckeln —
dann wird der letzte Mensch, mit zerfetzten
Gedärmen und verpesteter Lunge, antwortlos und einsam unter der giftig
glühenden Sonne und unter wankenden Gestirnen umherirren,
einsam zwischen den unübersehbaren
Massengräbern und den kalten Götzen der gigantischen betonklotzigen
verödeten Städte, der letzte Mensch, dürr, wahnsinnig, lästernd, klagend
-
und seine furchtbare Klage: WARUM?
wird ungehört in der Steppe verrinnen, durch
die geborstenen Ruinen wehen, versickern im Schutt der Kirchen, gegen
Hochbunker klatschen, in Blutlachen fallen, ungehört, antwortlos,
letzter Tierschrei des letzten Tieres Mensch –
all dieses wird eintreffen, morgen, morgen
vielleicht, vielleicht heute nacht schon,
vielleicht heute nacht,
wenn – wenn – wenn ihr nicht NEIN sagt.
#
TERROR IST
DER KRIEG DER SCHWACHEN -
KRIEG ABER IST
DER
TERROR DER STARKEN ...
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KEIN KRIEG VERTEIDIGT IRGENDEINE KULTUR,
ER
WIDERSPRICHT JEDER KULTUR IN ALLEM !
#
KRIEG KANN KEIN PROBLEM LÖSEN,
ER WIRD ALLE PROBLEME
NUR VERMEHREN...
Drewermann/
"Schon
die Kosten der Kriege sind verbrecherisch.“
RAMSTEIN SEPT. 2017/
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Warum Krieg?
DEZ: 2017
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