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gw/ Beitrags-Chronologie
 

U. Fichtner:  "Es sollte aber
doch jedes Kind wissen,
dass ein Koloss wie Deutschland
keine Wahl hat,
Macht auszuüben oder nicht
." 

// vgl. auch  gw/ tagesnotiz, 29.1.18 
 
 
(aus: Leitartikel Ullrich Fichtner, Spiegel 5/2018)
 

."Es hat wenig bis nichts geholfen,, dass der ehemalige Bundesräsident Horst Köhler aus dem Amt stolperte, weil er die damals noch unerhörte Se lbstverständlichkeit aussprach, dass es zwischen Militäreinsätzen und wirtschaftlichen Interessen verbindungen gebe..
...
Deutsche Außenpolitik könnte, wenn sie sich denn so definieren wollte in ehrgeizigen Inititiven für eine bessere Welt bestehen.
...
...und Gabriel sagte gut und klar, dass es auch für Deutschland "keinen bequemen Platz mehr an der Seitenlinie "  gebe. Man erwägt.
...
Es sollte aber doch jedes Kind wissen, dass ein Koloss wie Deutschland keine Wahl hat, Macht auszuüben oder nicht
.
...
Die politischen Parteien, deren vornehmste Rolle darin besteht, bei der Willenbildung des Volkes mitzuwirken ...  könnten sich auch einmal der Frage widmen, ... warum wir es nicht skandlös finden sollten, dass in Syrien womöglich mit deutschen Waffen Krieg geführt wird."

 
 
gw/ WIDERSPRUCH:

Am 29.01.2018 um 12:48 schrieb "gabrieleweis@web.de" < gabrieleweis@web.de >:

Sehr geehrter Herr Fichtner,

als ich gestern Ihren Leitartikel im SPIEGEL 5/2018 las, "WELTMACHT WIDER WILLEN", konnte und kann ich ihn nicht unwidersprochen lassen.
Meinen Widerspruch finden Sie unter: xxx   -  hier: s. u.  :

Merci für Ihr mögliches Interesse und beste Grüße
Gabriele Weis


:

 

Natürlich, alles, was existiert, hat Macht, die Macht des eigenen Tuns & Lassens  - 

Großes kann Großes tun wie lassen, Kleineres vielleicht (!) ´nur´ Kleineres ...  

 

Die Macht über andere ist jedoch selbst dem Größten nicht  g e g e b e n. 

Und sie sollte auch nicht von Kleineren so oder so an Größere delegiert werden,  nahezu gleich ob regelgerecht oder erzwungenermaßen ... 

 

Wo das geschieht, entsteht Macht - K a m p f. 

Denn Unwuchten, unterschiedliche Berechtigungen, also Not, Elend, obszöner Reichtum und Krieg

sind zwangläufige Folge...

 

 

Kampf nämlich  bedeutet unausweichlich früher oder später

Verdrängung, Ausschaltung, Ausbeutung  -  am Ende unweigerlich Krieg...  ...  ... 

Davon hatten und haben Menschen aller Zeiten

und wir Heutigen angesichts der gegenwärtigen Kriegs- & Ausbeutungs-Formen und -Verläufe

weiß Gott über-genug ...   ...

 

Verabschieden wir uns endlich vom sogenannten ´Agonalen Prinzip´,

wie es zwischen den ´Schlagetots´ des früh-antiken Griechenland  gepflegt wurde 

- traditionellerweise nennen wir sie ´Homerische Helden´ - ,  

und wie es seither,  gewiss verschiedentlich auch veredelt, die europäische  -  und über sie die Welt-Kultur  -  treibt   - 

zu Höhenflügen wie Katastrophen gleichermaßen...

 

 

 

Wir haben   - jede/r von sich aus -    f ü r   nichts anderes als einen   f a i r e n   Umgang miteinander    e i n z u s t e h e n  - 

jeder gleichberechtigt mit jeder/m anderen ... -   

 

Faires Produzieren, faires Handeln, fairen Know-How-Austausch, faire Hilfestellungen, faire Vereinbarungen unmittelbar zwischen jeweiligen Partnern (für was auch immer)  -  

statt mehr oder minder weltumspannender Vereinbarungsbemühungen,

die es   o h n e  Unwuchten und Bündnis-Schmiedereien zur machtvollen ´Gestaltung´ von Vor- & Nachteilen für... 

niemals geben wird ... ...  ...  ...  ...

 

 

Die Etablierung  - wie in den letzten Jahrzehnten gleichwohl und immer eklatanter:  der Niedergang  (!) - 

der ´Völkerbunds-´ und ´Nationen-Vereinigungs´-Idee, versuchte ´Klima-Abkommen´, ´WorldEconomicForen´, und ´Gipfel´ aller Art: 

 

machen die Sackgassen,

an denen wir da allenthalben arbeiten,

nur zu sichtbar für jeden,

der zuweilen den Kopf aus einem Meer letztlich unfriedlicher Regelungsversuche hebt ...  ... ...  ...  ... 

 

 

... ´Größe´  

-  im Sinne von Vorrang, Erzwingungsstärke und Unerschütterbarkweit trotz nicht selten dauerhafter Versäumnisse  -   

wollen alle entwicken, wiederbeleben, verteidigen 

 

-  statt einfach sie selbst zu sein: 

 

 

Es gibt aber angesichts der zuweilen ungeheuren, gleichwohl zutiefst wunderbaren Vielfalt alles Einzigartigen

 

nichts Würdigeres auf dieser Welt, nichts Friedlicheres, nichts für alle Förderlicheres, für Gläubige nichts Gottgefälligeres ...

 

als jeweils ´man´ selbst zu sein  (jeder einzelne, jede Gemeinschaft, jedes politische Gemeinwesen) ... ... ... 

 

 

Sobald wir uns selbst wie einander (!) 

Fehler, gar gravierende Irrtümer zugestehen

und uns nicht in endlosen, immer unsäglicheren Verurteilungen verstricken & erschöpfen,

 

können wir sichtbar werden lassen, was wir aneinander haben könnten,

starrten wir nicht oft und oft denkbar unverwandt auf das,

 

was uns an ihnen stört, beeinträchtigt, tatsächlich oder auch nur vermeintlich bedroht ... 

--- weshalb die Entfaltung von Zwingkraft einen immer obszöneren Teil unserer Kräfte absorbiert ...

 

 

 

Beraten wir zuallererst einfach und ohne erhobene Zeigefinger (!)

mit allen, die sich auf eine  -  a u f    n e u e   W e i s e    z w a n g - f r e i e  -   Weltpolitik auszurichten trachten ... 

 

...  Beraten wir,

welche gesellschaftlichen, rechtlichen, wirtschaftlichen,

Natur wie Menschen sinnvoll schonenden,

sportbezogenen und wie auch immer kulturellen Entwicklungen

 

wir beibehalten, weitergeben und weiterentwickeln wollen und welche besser nicht  -  

 

und:  im Rahmen welcher

von den jeweiligen Verhandlern als sinnvoll & und betroffenerseits (!) förderlich erachteten

Regeln

wir das tun wollen... ... 

 

Und knüpfen wir Beziehungen wirtschaftlicher wie sonstiger Natur,

mit neuem Schwung und entschlossen,

 

vorwiegend mit wem immer wir sie   f a i r   zustande bringen   -  

 

und unbeirrt von den andersartigen ´Erfolgen´

weiterhin rivalitäts-verhaftet agierender Menschen, Unternehmen, Verbände  und Gemeinwesen...

 

 

Es gilt nicht, ´Macht   a u s z u ü b e n´, 

es gilt vielmehr uns selbst und einander kooperativ Spielräume

zu schaffen, zu schenken, sie offen zu halten und weiter zu entwickeln   -  

 

also ohne Beherrschungsgelüste das jeweils wirklich für die Beteiligten Förderliche zu  m a c h e n ,

nicht aber zu erzwingen...

 

 

Also bedarf es   k e i n e s   Militärs.

 

Und vor allem bedarf es   k e i n e r   weltweiten   j ä h r l i c h e n    Rüstungsaufwendungen  

 

-  allein (!) 2015 in der aberwitzigen Höhe von   1 120 586 424 000 € / 1,2 Billionen € ..................

auch nur der TOP-15-Rüstungsstaaten  ...............................................

 

 

 

Soviel sollte gewiss sein: 

 

Die größten Risiken  - für alle (!) - 

 

schaffen wir je länger je mehr 

 

ganz sicher  

 

m i t   Waffen

.................................

 

 

 

Wo wie auch immer Benachteiligte bzw. so Fühlende

sich   w a f f e n f r e i e r    F a i r n e s s    in den Weg stellen,

 

ist   A u s w e i c h - F i n d i g k e i t  gefragt,

 

die unbeiirt und mit langem Atem auf wirkliche Fairness setzt,

 

wie weit sie sich unterdessen auch immer   w e g d u c k e n   muss  ... ... ... ... 

 

 

 

 

 

 

Dergleichen wird mit Sicherheit seine Anziehungskraft entfalten,

 

insbesondere dann, wenn wir die Hand ausgestreckt halten für alle,

die allmählich zu sehen beginnen,

 

dass es auch für sie Aussichtsreicheres gibt als Siege und Blutbäder ... ... ... ... ... ... ...

 

 

 

Durch unsere ständigen Vermessungen

von Größen bzw. Stärken - und Größe- bzw. Stärke-Verlusten

 

entwürdigen wir uns selbst wie einander ... 

 

und wundern uns,

 

wieviele Menschen auf dieser Welt das zunehmend so schmerzt,

 

dass sie Hasstiraden zu ihrem täglich Brot machen ..................

 

 

 

 

Gabriels und anderer Rede vom endlich aufzugebenden ´bequemen Platz an der Seitenlinie´,

den Fichtner ungeduldig zitiert,

 

träumt von einem  ´koloss´ - entsprechenden,

also sogar besonders anspruchsvollen Weltverbesserungswillen,

zu dem sich Deutschland 

- sehr wohl auch waffenliefernd -

endlich bequemen solle....   

 

 

-    Weder am ´deutschen´ jedoch,

noch an sonst einem ´Wesen´,

das jemand überzustülpen hätte,

weil er angeblich & vermeintlich ´bessere´  Wege zu bieten hat als andere (???), 

 

 

kann auch nur irgendetwas ´genesen´,

 

geschweige denn gleich die ganze Welt .... 

 

-  das hatten wir doch ausgeprägt genug bereits ....

 

 

Lassen wir endlich ab

 

von traditionell immer irgendwie und vielfältig gigantomanischem ´Sicherheits´-Denken & -Gebaren.  

 

Wir bessern damit allenfalls vordergründig punktuell das eine oder andere

 

und treiben nur,

wie es so weise heißt,

einen Teufel mit anderen aus ... ... ... ... ... 

 

´Only one winner´ - zuweilen;  

 

seltenst:  ´win-win´ für einige;  

 

´lost´:  fast immer und für fast alle !!

 

 

 

 

´Sicherheit´ stellt sich ein,

wo wir einander durch ein faires Miteinander Kooperationen ermöglichen,

 

die Unsicherheit nehmen,

weil sie Auskommen & Wohlergehen zu Inhalt und Zielen haben ...

 

 

 

Wo ´Sicherheit´ hingegen mit Waffengewalt erreicht werden soll,

ist sie in unaufhebbarer & tendentiell wachsender Gefahr  ... ... ... ... ...

 

Auch Herr Fichtner und der ´SPIEGEL´ dürften das eigentlich wissen  ...

 

Also verlassen wir das so verbreitete Kommunizieren wider besseren Wissens endlich ... 

 

 

 

Beenden wir zumindest den Waffen h a n d e l 

 

durch gemeinwohlwirtschaftliche Alternativ-Ideen zur bisherigen Rüstungsindustrie ... ... ...

 

 

Beste Grüße

 

Gabriele Weis

 

 
 
 
Am 29 Jan 2018 um 14:27 hat Fichtner, Ullrich geschrieben:

Sehr geehrte Frau Weis,
als Freund der offenen Debatte freue ich mich, dass Sie sich aufgerufen fühlen, meinem Leitartikel zu widersprechen. Ich finde Ihre Entgegnung interessant und Ihre Sehnsucht nach einer möglichst herrschaftsfreien Welt verständlicher, als Sie ahnen. Ich musste beim Lesen aber doch auch daran denken, dass wir es im Osten gerade mit einem völlig rücksichtslosen, kriegstreibenden Putin zu tun haben und im Westen mit Herrn Trump, zu dem mir nichts mehr einfällt. Meinen Sie, diese Leute erreicht man mit guten Worten?
Was ich an Ihrer Haltung völlig unverständlich finde, ist die offenkundige Ablehnung multilateraler und sonstwie internationaler Organisationen. Die Gliederungen der Uno versuchen doch seit Jahrzehnten nichts anderes, als die Machtkämpfe zu moderieren, zu mindern und das Schlimmste zu verhindern. Das erkennen Sie auch nicht an? 
Gruß,
Ullrich Fichtner
DER SPIEGEL
 
 
Am 29.01.2018 um 18:42 schrieb "gabrieleweis@web.de" <gabrieleweis@web.de>:
 
Sehr geehrter Herr Fichtner,

Ihr zügiges Antwortschreiben, für das ich danke, klingt nicht, als gäbe es für Sie an meiner Gedankenführung wirklich Auseinandersetzungswürdiges. 

Nicht ´Sehnsucht´ war und ist freilich mein Thema und ich habe auch niemandem unterstellt, dass er nicht irgendwo mit im Grunde allen ein Stück Sehnsucht nach einer anderen Weltordnung teilte.  Sie selbst wünschen sich schließlich offenbar eine Welt-Besserungs-Rolle für ein internationales ´Nicht-an-der-Seitenlinie-Stehen´Deutschlands...

Mich beschäftigen die Sackgassen am Ende vieler der´Lösungs-´Wege, mit denen ich die Politik-Akteure national wie inter-/multi-national befasst sehe.  Hier setzt  mein Widerspruch gegen die von Ihnen vertretene Position an.


Was, frage ich u.a. Sie,  hilft das ununterbrochen in den Vordergrund jeder politischen Diskussion gerückte Bashing von Menschen, Gruppen, Staatslenkern, wem auch immer, wo deren Fehlleistungen und Irrwege auf der Hand kiegen und niemanden kalt lassen können?
Was versprechen Sie und andere sich da vom Pranger ?  Es geht doch niemand in die Irre, egal ob vorneweg oder hinterdrein, weil er den Pranger fürchtet !  Im Gegenteil:  jeder Pranger bestärkt nur im Falschen!

Überall glaubt man Angstmache und Machtwahn mit (am besten ebenfalls angstmachender) Gegenwehr beantworten zu müssen.   Die Erfahrung lehrt (darüber ließen sich Bücher, ja Bibliotheken, zusammenstellen...), dass dergleichen allenfalls vordergründig und zeitlich hochbegrenzt wirkt.
Ich steige da gerne auch mit Ihnen in eine detailliertere Auseinandersetzung ein. Wer wie Sie dafür eintritt, sich als Deutschland am internationalen Tötungsgerangel zu beteiligen  - so nicht zuletzt buchstabiere sich die Interessenvertretung von ´Kolossen´ eben -, sollte sich da nicht vor einem Hinschauen drücken, das die gewohnten Blenden auch einmal beiseite legt...

Im übrigen erreicht man meiner Erfahrung nach die Wenigsten in der Regel mit ´guten Worten´.  Man erreicht Menschen, denke ich, immer zuerst und zuletzt mit Haltungen und Taten, über die man am besten in aller Bescheidenheit Antwort zu sein trachtet. 
Wer begriffen hat, dass nur ein ´wohlbestelltes eigenes Haus, vor dessen Türe sorgfältig gekehrt wird´, wirkliches Gehör bei anderen, Anziehungskraft gar, zu verschaffen vermag, wird glaubhaft vermitteln können, dass auch er selbst weder Siege anstrebt noch ´notfalls´ Blutbäder mitanzurichten willens ist.
Siege und Blutbäder sind der Notfall, sie wenden keinen ab...

Dass Menschen wie Putin, wie Trump und andere ´rote Tücher´ der gegenwärtigen internationalen Politik, agieren, wie sie das tun, hat nicht einfach mit ihrer ´Durchgeknalltheit...´ zu tun.  Es hat mit uns allen zu tun. 
Wir alle haben allenthalben in den letzten Jahrzehnten Weltzimmerer gewähren lassen, ja stolzgeschwellt bis gierig mitgezimmert, die uns mit Lebensverhältnissen ´beglückt´ haben, die Durchgeknalltheiten auf allen Ebenen hervorrufen und immer rasanter sogar zelebrieren...
Was soll da der Pranger?  Ohne Blickwechsel wird da nirgendwo wieder etwas ins Gleichgewicht kommen...


Und schließlich habe ich Multilateralität und internationale Organisationen nicht grundsätzlich abgelehnt, geschweige dass ich all die vielen Versuche von UNO &... bestritte, " die Machtkämpfe zu moderieren, zu mindern und das Schlimmste zu verhindern", wie Sie mir entgegenhalten.
Ich habe darauf verwiesen, dass sie in Idee wie Tun - so wie sie es anpacken -  in machtgelähmten Sackgassen stecken, aus deren Riss-Spalten in meinen Augen nur Graswurzelwege hinausführen.  Um solche Neuansätze geht es mir.

Ihr Leitartikel hat mir demgegenüber nicht vermitteln können, dass angemaßte diplomatische bis hin zu militärischer ´Verantwortungsübernahme´ in etwas anderes münden könnte als in Sackgassen...

Diese Auffassung erfordert in meinen Augen endlich öffentlich wahrnehmbareren Widerspruch   -  zumal dann, wenn sie Gegenstand des Leitartikels in einem Magazin ist, dessen aktuelle Wirkabsichten, wie mir scheint, offenbar an die früherer Jahre nur selten heranreichen (wie ich als mehr als 40jährige Abonnentin anmerken möchte). 

Ich wiederhole ihn hiermit.

Beste Grüße
Gabriele Weis
 
 
 
Am 29 Jan 2018 um 21:48 hat Fichtner, Ullrich geschrieben:
 
Liebe Frau Weis,
Sie schreiben: "Wer begriffen hat, dass nur ein ´wohlbestelltes eigenes Haus, vor dessen Türe sorgfältig gekehrt wird´, wirkliches Gehör bei anderen, Anziehungskraft gar, zu verschaffen vermag, wird glaubhaft vermitteln können, dass auch er selbst weder Siege anstrebt noch ´notfalls´ Blutbäder mitanzurichten willens ist."
Genau das ist, wenn Sie mich (und Joachim Gauck) fragen, die Lage Deutschlands. Wir haben gekehrt vor der Tür, wir haben der Welt gezeigt, dass von Deutschland kein Krieg mehr ausgeht - und die Welt glaubt das auch. Und deshalb fällt uns eine Rolle zu. Deutschland ist doppelt glaubwürdig, weil es ein durch die Geschichte gezähmter Koloss ist. 
Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Die erste Petersberger Konferenz zu Afghanistan war eine große (deutsche) diplomatische Leistung - und eben die aktive Außenpolitik eines Kolosses. Es stimmt, Afghanistan ist nicht befriedet, aber ohne Petersberg würden und wären noch viel mehr Menschen gestorben. Ich verstehe nicht, was dagegen spricht, wenn unser Land sein ganzes Gewicht in die Wagschale wirft, damit das Wünschenswerte und Richtige geschieht.
Gruß,
Ullrich Fichtner
 
 

Gruß zurück, Herr Fichtner,

Also:  Die außenpolitischen Konsequenzen unseres Kehrens haben wir sicherlich vermittels einer sichtlichen Begrenzung der schließlich doch wieder aufgebauten Militärstärke zunächst der Bundesrepublik und seit 1990 Gesamtdeutschlands sichtbar werden lassen  -  in ständigem Ringen übrigens   - mit der Schutzmacht USA, an die ´wir´ Anschluss gesucht und gefunden hatten -  um angemessenere Finanz- und Einsatzbeträge zum NATO-Bündnis, auf das Ihre wie meine (noch etwas mehr)  Elterngeneration sich da stützen zu müssen glaubte... (Ich sehe noch heute den armen Erhard, dem die USA Besuch für Besuch wegen mangelnder Finanzleistungen ans NATO-Budget ´die Ohren langzogen´...)

 

Klar und aktuell soweit glaubhaft, dass von Deutschland  ("Wir haben gekehrt vor der Tür, wir haben der Welt gezeigt, dass von Deutschland kein Krieg mehr ausgeht - und die Welt glaubt das auch. Und deshalb fällt uns eine Rolle zu. Deutschland ist doppelt glaubwürdig, weil es ein durch die Geschichte gezähmter Koloss ist." schreiben Sie.)  federführend seit 1945 und wohl auch in absehbarer Zukunft kein Krieg mehr  a u s g e h t...

Aber:  in den Angriffskriegen unserer ´Schutz´-Macht (eine lange Latte seit 1945!) sind wir Mal für Mal, mal mehr mal weniger intensive  H i n t e r g r u n d - B e t e i l i g t e    -  auch das seitens des SPIEGEL zurecht wieder und wieder herausgestellt!


´Kolosse´, auf Staaten bezogen, sind  - wie einst jener von Rhodos -  Menschenwerk.  Da gibt es nichts zu zähmen, das kann man nur mit manchen wilden Tieren, würde ich sagen.  Menschenwerk kann man korrigieren.

Das internationale Gewicht von Staaten kann man zu erweitern oder im Maß zu halten trachten.  Wenn wir Deutschland als ´Koloss´ sehen, gestalten wir es zum Koloss, was ja  bekanntermaßen keineswegs nur militärisch geht.  Menschliche Züge nach innen wie außen gewinnt es darüber freilich eher nicht...

 

Es genügt ´uns´ nicht, auf unsere Weise unter den hierzulande vorfindlichen Bedingungen unser Leben gut, vielfälig, fair und gemäß dem kulturellen Erbe zu gestalten, in dessen Fortschreibung  unsTalente, wie sie hierzulande immer wieder staunenswert gewachsen sind, mehr und anders beschäftigen sollten und könnten als ´Weltmeister-Rollen´... 

 

Wir   f o r c i  e r e n    für uns eine   E x p o r t w e l t m e i s t e r - R o l l e    und gestalten diese auf  eine Weise, die die Lebensbedingungen nicht einmal nur anderswo, in wirtschaftlich schwächeren Ländern, gründlich einschränkt   - 

 (wieviele SPIEGEL-Artikel gab und gibt es dankenswerter Weise zu den verelendenden Wirkungen von Handelsungerechtigkeiten und unfassbar umfänglichen Waffenlieferungen, von denen klar ist, dass sie nicht ´verantwortlich´ in irgendeinem Sinne gehandhabt werden...), 

-   sondern längst auch die hierzulande  infolge unseres globales Gebarens in eine ´nicht hinreichend ´leistungsbereite´(~?!) Überflüssigkeit´ Gedrängten...

 

 

Was ist das denn, eine Rolle in der Welt, die sogenannt ´Großen´, also gezielt zu besonderer Leistungsfähigkeit entwickelten ´Kolossen´  zufiele, ja zukäme? 

-  Eine Regelungs- & Unterstützungs-Rolle  - wie Sie und andere ja offenbar meinen...?   Was aber, bitte, hätten wir außerhalb unseres eigenen Verhaltens bei anderen zu regeln, gar ´in Verantwortung für´ sie?

 

Wir haben Verantwortung   f ü r    u n s e r    T u n   und   L a s s e n    in der Welt:  deren Menschen und ihren Gesellschaften und politischen Gemeinwesen   g e g e n ü b e r .

Wir haben   k e i n e  Verantwortung   f ü r   s i e !

 

Was erdreisten wir uns gegenüber einem von allen Seiten geschundenen Land wiez.B.  Afghanistan  -  mit einer von uns (!) ausgerichteten Konferenz bei uns (!),

(an der   - wie es bei Wikipedia heißt:  "vier Delegationen verschiedener afghanischer Gruppierungen mit insgesamt 28 Delegierten teil (-nahmen). Sie endete mit der Verabschiedung des Petersberger Abkommens, das einen Stufenplan zur Machtübergabe an eine demokratisch legitimierte Regierung nach der Entmachtung der Taliban vorsah."  - )

diesem Land  ausländische Bereiniger seiner inneren Konflikte aufzudrängen,  -  angeblich,  weil dieses Land alleine mit seinem ´Krebsgeschwür Taliban´ nicht zurechtkäme...?  ... 

Wir haben da doch nicht als Gerufene agiert - jenseits unserer Verbandelung mit den kriegerischen Antworten der USA auf 9/11...


Wir haben unser schlechtes Gewissen mit diesen diplomatischen Aktivitäten zu verdrängen gewusst darüber, dass wir eine Kriegsantwort auf einen gewiss heftigen Terroranschlag mitzutragen bereit waren, wenn auch im Uns-Konzentrieren auf best-gemeinte, aber unaufhebbar unter den lange zementierten Gegebenheiten zum Scheitern verurteilten  Nation-Building-Leistungen   ...  !!!

"Das Wünschenswerte und Richtige"  ist doch gewiss nichts von solchem Agieren  -   in meinen Augen jedenfalls.

 

Wünschenwert und richtig wäre es, die erheblichen Kollateralschäden der wirtschaftlichen wie militärischen Vorteilsnahme endlich selbstkritisch in den Blick zu nehmen, die wir   - uns dabei  (unserer ach so heeren Ziele  wegen)  täglich auf die Schultern klopfend und in die Brust werfend - zu unserem selbstverständlichen Recht erheben...

Damit hätten wir genug zu tun !

 

Wir kehren schon lange nicht mehr vor unserer Tür und bestellen unser eigenes Haus nach innen wie außen auch nicht entsprechend dem Werte-Schatz, den wir seit den Zeiten der Aufklärung wieder und wieder gründlich mit Füßen treten, aber ständig auf den Lippen tragen ...


Haben wir denn einander, sprich: die vielfältigen Kräfte und Lebenskonstellationen in der Welt denn wirklich zu   w i e g e n , Waagschalen zu errichten und zuzuteilen, wer in welcher seinen Platz hat  -  vielleicht...  -  oder auch gar keinen... ! ...? ??

 

Ich verdanke u.a. dem SPIEGEL eine sehr andere Sicht als die von Ihnen da in Ihrem aktuellen Leitartikel wie auch in Ihren Antwortmails an mich, vertretene  -  für die ich nochmals ausdrücklich danke:  Ihre Auseinandersetzungsbereitschaft ist sicher nicht unbedingt selbstverständlich...

 

Merci nochmal und beste Grüße


Gabriele Weis

*