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21.11.17 |
gw/ ES MACHT WENIG SINN, DEN RAMPONIERTEN SOZIALSTAAT RESTAURIEREN ZU WOLLEN |
Ich teile die Auffassung nicht: unsere wirklich beachtliche
historische Errungenschaft ´Sozialstaat´ sei zuvorderst wegen
neoliberaler Irrwege an ihrem weitgehenden Ende angelangt.
Die jüngsten Technologien, die all unsere Lebensbereiche täglich mehr prägen und verwandeln, setzen uns neben allem, was sie uns rauben, in den Stand, unsere selbstorganisatorischen Kräfte fundamental anders und produktiver als bisher ins Spiel zu bringen.
Unsere Kultur ist damit an einer Schwelle abgelangt, von der aus
wir unsere Grundrechte anders und einschränkungsloser als bisher
wahrnehmen und organisieren können, w e n n wir
denn dahin aufbrechen... !
Sozialstaatliches Denken steht in meinen Augen dem da möglichen wie
notwenigen Aufbruch ein Stück weit im Weg.
Sozialstaatliches Denken geht von staatlich/gesellschaftlichen
Hilfspflichten aus.
Ja, ganz recht und dankenswert: unser GG etabliert eine
´Sozialpflichtigkeit´ von Eigentum. Es sagt nicht, dass Eigentum zu
Hilfen herangezogen werden müsste - es sei denn der
Eigentumseinsatz erfolgte ungerecht. Sorgen wir dafür, dass er
´gerecht´, also der Würde und Leistung der Arbeits-Anbieter (!)
(vgl.:
)
gemäß erfolgt!
Abgesehen davon, dass wir alle einander in allem, was wir tun oder lassen, ´sozialpflichtig´ sind: natürlich ist Eigentum ein Potential, das sich eignet, Macht und Reichtum anzuhäufen. Insofern muss es gesellschaftlich/staatlich überwacht und in seiner Nutzung zu Lasten anderer eingeschränkt werden, wann und wo immer es missbraucht wird.
Dass allerdings eine solche, leider allzu häufig notwendige Überwachung und Einschränkung per se n u r über sozialstaatliche U m v e r t e i l u n g s w e g e realisierbar wäre, scheint mir alles andere als evident.
Gesellschaften brauchen gut basierte und mit
guten Staffelungs-Enden versehene E i n k o m m
e n s -o r d n u n g e n .
Niemandem sollte etwas weggenommen, niemandem Weggenommenes zugeteilt
werden.
Alle erhalten ihr BGE, wie sie ihren Körper mit auf die Welt bringen,
und alle erarbeiten sich darüber hinaus, wozu ihre Talente, Kräfte,
Umgebungen und Gelegenheiten sie innerhalb klar staatlich zu
organisierender Marktordnungen führen. Sie bieten einander an und
fragen nach, was in ihren Kräften und Wünschen liegt - und das mit
zunächst einmal gutem bzw. erlernbarem Gespür dafür, wieviel ihnen
ihr Angebot bzw. ihre Nachfrage jeweils wert ist/sein kann/sollte oder
aber nur darf.
Wo über diesem Tun und Lassen Ausbeutungs- und
Vermögens-Abschöpfungs-Macht aufgebaut wird oder zu werden droht, haben
wir das am besten steuerrechtlich kanalisierend zu beantworten, aber
diese Probleme nicht mit unserem grundgesetzlich verbürgten Lebens- und
Einkommensrecht zu verquicken.
Kann es sein, dass die Vorstellung, etwas ´restaurieren´ zu
wollen, ja zu sollen, sich so gut wie nie mit den Verschiebungen in den
Koordinatensystemen unserer Lebensverhältnisse verträgt, auf die sie
sich einzustellen hätte, ja, dass ´Restauration´ dergleichen auch
einfach niemals können wird ?
Der Sozialstaat als Zähmungsinstrument mechanistisch-liberalistischen
Wirtschaftens im Zeitalter von Industrie, Elektrifizierung, Erdöl,
Atomkraftnutzung ... und wachsenden Weltmärkten war und ist mal mehr,
mal weniger gut geeignet, im Kontext entsprechenden Wirtschaftswachstums
möglichst vielen Gesellschaftsgliedern Einkommenszuwächse zu angedeihen
zu lassen.
Wir haben diese Einkommenszuwächse ´Wohlstandswachstum´ genannt und
gemeint, einen Prozess hin zu ´nivellierten Mittelstandsgesellschaften´
ausfindig machen zu können. Diese ´Beobachtung´ stimmte einerseits ein
Stück weit, andererseits stieß sie bereits in den 70ern auf nicht
geringe Zweifel.
W o Arbeits-, Städtebau- bzw. Ghettoisierungs- und gleichzeitige Konsumgesellschafts-Verhältnisse nämlich gerade oft nicht dazu führten, sogenannte ´sozial Schwache´ zu stärken und am Wachstum so zu beteiligen, dass tatsächlich ´die meisten´ mitkamen – da sollte das in Rücksicht darauferfolgen, dass ´Schwache´ keine andere ´Menschenwürde´ haben als die immer wieder beschworenen ´starken Leistungsträger´ -
Gleichwohl
haftete all unseren sozialstaatlichen Anstrenungungen immer der
M a k e l an, dass diese den S o u v
e r ä n der politischen Ordnung a l s
durchweg a u f g e s p a l t e t betrachteten
- in die, die sich ´kümmerten´ und ´niemanden brauchten´ und
die, die ´bedürftig´ waren und ´H i l f e e m p
f ä n g e r´
blieben ...
Ich will nicht schmälern, was all die Kümmerer und Streiter für mehr
Gerechtigkeit unter uns allen, immer wieder an Lebenserleichterungen
erwirkt und verteidigt haben!
Aber ich will auch nicht länger darüber hinwegsehen, dass unser Mühen um
sozialstaatlichen Ausgleich zwar nach wie vor nicht weniger Ehren wert
ist, a b e r denen, zu deren ´Anwalt´ er sich dabei
macht, nicht d a s i h n e n
G e m ä ß e verschafft, sondern so oder so A n g
e g l i c h e n e s...
Das ist nicht wenig, gewiss...
Es ist aber bei weitem nicht das, was wir uns selbst wie
einander erreichbar machen sollten als das jeweils uns Gemäße !
Das konnte es in der Vergangenheit auch kaum sein, vergegenwärtigt man
sich die Entwicklungskoordinaten jener Produktionsverhältnisse, die
lange Jahrzehnte in bis dahin unvorstellbarer Breite Einkommenswachstum,
ja Wohlstand ermöglicht haben...
G e m ä ß w ä r e :
zu würdigen, was alles Menschen untereinander in Gang setzen und
beleben, auch wenn sie dafür nicht bezahlt werden...
G e m ä ß w ä r e :
dort, wo Leistung gefragt und erbracht wird, niemanden gegen
eine/n oder mehrere andere auszuspielen, sondern tatsächlich Gebotenes
auch transparent zu vergeben wie zu entlohnen (!!) ohne andere
Diskriminierungen als jene eines vermuteten oder festgestellten
Nicht-Miteinander-Könnens...
G e m ä ß w ä r e :
auf (Wett) - Ei f e r , statt auf Wettbewerb zu setzen, wo
Menschen ihn mit Freude an der eigenen Produktivität und der ihrer
Mitarbeiter und Geschäftspartner entfalten...
Wettbewerb nämlich verengt unsere Kreativität, unser Denken und Fühlen
aufs Kämpfen, einander Ausschalten, Hinter-sich-Lassen, Besiegen...
- zuweilen hat das
seine Reize...
Mit Gerechtigkeit hat Wettbewerb (auch der geschützteste) jedoch nichts zu tun!
Denn
das, worauf wir unser ganzes Selbstverständnis als europäische
Gesellschaften gründen: die
´unantastbare´ und doch von uns allen immer wieder mit Füßen getretene
´Würde des Menschen´, sie bleibt dabei nur zu häufig auf der Strecke !
Hören wir endlich auf, stets und ständig für oder gegen etwas/jemanden
´kämpfen´ zu wollen!
Wo wir einander nicht unmittelbar bedrohlich angreifen, gibt es nichts
zu kämpfen. Vertreten wir
einfach das unsere -
tun wir das gut, dann hat es die Chance Beachtung zu finden und
erweist sich als weiterer Auseinandersetzung
- in Frieden (!) -
wert.
S u c h e n wir das uns und anderen Gemäße
-
nur das verdient, denke ich,
´gerecht´ genannt zu werden ...
G e m ä ß w ä r e auch und gerade:
unsere Welt möglichst wenig zu verregeln und zu verbarrikadieren
in dem Bestreben, Höchstleistungen zu evozieren und einkommenspolitisch
zu separieren, wie wir das mit den meisten unserer
Bildungs-/Ausbildungs- und Karriere-Systeme eher zu-, denn abnehmend tun
!
...
Ein Sozialstaat (selbst im besten Sinne) vermag derartige Gemäßheiten nicht zu organisieren bzw. Wege zu institutionalisieren, über die sogenannt ´bedürftig Gewordenen´ ´geholfen´ werden kann.
Wo aber durch sich wandelnde Welt-, Produktions- und
Lebensverhältnisse Raum entsteht, Strukturen zu entwerfen und ins Werk
zu setzen, die Orte bieten für derartige Gemäßheiten, sollten wir sie
keinesfalls übersehen oder einfach links liegen lassen!
Denn was sich aktuell produktions- wie kommunikationstechnisch herausbildet, könnte Früchte tragen - jenseits immer wieder drohender demütigender Geltungsverluste, weil immer mehr von uns ihre Alltage zwar zunehmend mehrspurig, aber einlinig anzulegen sich gezwungen sehen...
Was unseren Sozialstaat, den wir zurecht für eine der wichtigsten
Errungenschaften des vergangenen Jahrhunderts halten, aufzureiben
begann, war der mit einem Mal ebenso mögliche wie erforderliche Sprung
in sich täglich dynamischer globalisierende Märkte, dem die alten
Ordnungsmuster nicht mehr gewachsen waren.
Zuflucht schien da allenthalben der bequeme Schwenk in neoliberales
Operieren ´am offenen Herzen´ einer sich turbo- & kasinokapitalistisch
wandelnden Weltwirtschaft zu bieten.
Manches ließ sich so ja auch gut abfedern:
die ´Geiz-ist-geil-Gier´auf Konsumentenseite war
leicht anzustacheln und ist es wachstumsträchtig bis heute
- und für die
offenbar durch nichts zu stillende
Gier der ´Großplayer´ auf den neuen globalen
Wirtschafts- & Finanz-Achterbahnen gab es vorerst, ja gibt es bis
heute nahezu keine Grenzen...
Aber, lügen wir uns nicht in die Tasche:
nicht das plötzliche neoliberale Credo in aller Munde war und ist
das Hauptproblem. Denn kein
Neoliberalismus dieser Welt kann auf Dauer überleben, was er
kaputtmacht...!
Es ist unsere Denkfaulheit, die uns in Kaninchen vor der
Schlange verwandelt!
Es gilt, endlich ´Nägel mit Köpfen zu machen´ und alte
Denkbahnen zugunsten mutiger
n euer Konstrukte hinter uns zu lassen!
Ohne grundlegend mutige und bewusst regelungs-sparsam konzipierte
Neuaufstellungen nicht zuletzt auf der Basis intensiv durchgearbeiteter
´Reißbretter´ werden wir kaum mehr erreichen, als unsere mittlerweile
überbordenden Regelungs-Dschungel zu verdichten mit all den wachsenden
Abstrusitäten, die dergleichen heute bereits zeitigt...
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